Der damalige katholische Pfarrer von Schierstein, Wilhelm Schäfer (Pfarrer in Schierstein von 1941 bis 1967) berichtet über die Entstehung der Schönstattkapelle oberhalb Schiersteins am Freudenberger Hang:
„Am 8. Dezember 1941 (…) hielt ich als neuer Pfarrer in Wiesbaden-Schierstein meine erste Predigt: „Ich will euch die Freude Christi verkünden. Die Freude Christi kommt durch Maria. Sie ist die Ursache unserer Freude.“ Zu dieser Zeit war Schierstein noch nicht unmittelbar durch den Krieg bedroht. Im August 1942 waren die ersten Großangriffe auf Mainz. In der Nacht vom 11. zum 12. und vom 12. zum 13. wurde Mainz zerbombt und auch in Schierstein fiel die erste Bombe. Es gab einige Verwundete und kleinere Zerstörungen. Das wurde der Anlass der Predigt vom 15. August: Diese Bombe sei ein Hinweis darauf, was werden würde, wenn die Bomben in unsere Gemeinde fallen würden und so viele unvorbereitet treffen würden. Wollen wir nicht die Gottesmutter bewegen, dass sie Schierstein verschont? Sie bewegen durch das Vorhaben, wenn wir den Krieg überstehen und Schierstein nicht zerstört wird, dass wir ihr dann ein Heiligtum bauen für alle Gefallenen ohne Unterschied der Sprache, der Nation und des Glaubens.“ Bereits am Tag dieser Ankündigung kam eine Frau, welche die erste größere Spende gab.
Es kam das Jahr 1944. Der Krieg wurde schlimmer und Schierstein war besonders gefährdet, weil es Kriegsindustrie in den Glyco-Werken hatte, wo Panzerteile hergestellt wurden (Gleitlager für Panzer, Anm. d. Red.) Man musste mit Großangriffen auf Schierstein rechnen. (…) Das Schönstattbild, das als einziges Marienbild in größeren Mengen zu haben war, war in fast jedem Luftschutzkeller zu finden. Es wurde die Schutzmantelmadonna von Schierstein. (…) In dieser Not haben wir am 31. Mai 1944 unser Versprechen in ein feierliches Gelübde umgewandelt:
„Wir wollen, wenn Schierstein den Krieg überlebt, der Gottesmutter als Mittlerin der Gnaden das Heiligtum bauen.“
Während Dotzheim und Biebrich sehr schwer zerstört wurden, blieb Schierstein (fast) verschont, und die sicher Schierstein zugedachten Bomben fielen außerhalb des Ortes ins Feld. Nach dem Krieg wurden noch schwere Bomben als Blindgänger aus dem Schiersteiner Hafen geborgen. Lediglich kurz vor Ende des Krieges schlugen einige deutsche Granaten in Schierstein ein, da die Panzersperren überrollt worden waren. Es gingen einige Fensterscheiben zu Bruch, doch sonst blieb der Ort verschont, auch die Kirche blieb unbeschädigt.“
1947 entstand ein erster Bildstock am Freudenberg. Am 5. August, so Heinrich Sender, Gründungsmitglied des Fördervereins der Schönstattkapelle, zog zu Ehren der Himmelskönigin die erste Bittprozession hinauf zur Weihe des künftigen Gnadenortes. Aus diesem Anlass wurde folgendes Gebet verfasst:
„Mittlerin aller Gnaden, Dreimal Wunderbare Mutter und Königin unserer Gemeinde! In heiliger Stunde haben wir uns hier eingefunden, um Dir zu danken für den unermesslichen Reichtum Deiner mütterlichen Liebe und Güte, die Du in den Jahren der Not und Gefahr bis zum heutigen Tag über uns ausgegossen hast. … Kindlich, schlicht und klein ist auch unsere Dankesgabe, liebste Mutter:
Wir bieten Dir dieses Plätzchen an, abseits vom Getriebe der Welt
und bitten Dich, Du mögest in dem kleinen Heiligtum, das darauf entstehen soll, Deinen Gnadenthron aufschlagen. Siehe, wir stehen der unermesslichen leiblichen und seelischen Not unserer Gemeinde und unseres Volkes machtlos gegenüber. … Mache uns zu lebendigen Liebesflammen, die sich verzehren in Deinem Heiligtum, um es so zu weihen, zu einer Stätte des Dankes für Deine überreiche Mutterliebe, zu einer Stätte, wo Du die unaufhörlichen Bitten Deiner Kinder um den Frieden der Seelen und den Frieden der Völker in mütterlichem Erbarmen erhörst. Amen!“
Am 22. August errichteten die Frauen von Schierstein einen sehr einfachen Bildstock mit dem Bild der Gottesmutter von Schönstatt auf dem Gelände, dem später ein größerer Bildstock mit den Ausmaßen des Altarraumes des Kapellchens folgte. 1970 wurde der Grundstein für die Kapelle geweiht, welche am 31. Mai 1971 eingeweiht und eröffnet wurde.
Am 3. April 2024 zeigte sich, dass die Gottesmutter wirklich diese Gebete und Zeichen erhört hatte: Es war bei Ausschachtungsarbeiten in der Nähe des Kallebades, ca. 1 km Luftlinie von Schierstein-Zentrum, eine 500 kg schwere Bombe, ein Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg, gefunden worden. Jeder kann sich ausmalen, was passiert wäre, wenn diese Bombe explodiert wäre…
So erneuern wir in unserer Zeit, besonders auch am 12. April, wenn die Fatima-Madonna kommt, unseren Dank und unsere Bitte um Frieden für die Seelen und für alle Völker.
Servus Mariae nunquam peribit! – Ein Diener Mariens geht niemals verloren!